​Bad Wörishofen & Kneipp
"Vom sündigen Dorf zum Weltbad"
Pfarrer Sebastian Kneipp (1821-1897)
Sprechstunde bei Pfarrer Sebastian Kneipp. Ölgemälde von Georg Sauter, 1894. Der rotblonde Arzt (3.v.l.) ist Dr. Alfred Baumgarten. Der drückt der Mutter des krückengestützten Patienten die Hand. Rechts im Bild Prior Bonifaz Reile.
Wassertreten der höheren Gesellschaft.
Papst Leo XIII. empfing 1894 Kneipp in Rom zu mehreren Audienzen
Frühe Jahre
Vom "Kurpfuscher" zum Begründer eines Kurortes und Kulturerbes
Dadurch, dass der in der Nähe von Ottobeuren geborene Kneipp, in jungen Jahren selbst schwer an Tuberkulose erkrankte und sich durch eiskalte Bäder in der Donau heilte, begründete er später in Wörishofen sein Gesundheitskonzept, das inzwischen auf den fünf Säulen Wasser, Ernährung, Bewegung, Heilkräuter und (Lebens-) Ordnung steht. Seit 1855 wirkte er im damals knapp 1000 Einwohner zählenden Wörishofen als Beichtvater im Dominikanerkloster. Intensiv kümmert er sich hier auch um die wirtschaftliche Entwicklung des Klosters. Hier nutzte ihm seine eigene bäuerliche Erfahrung aus der Kindheit. Im Ort half er später den Menschen mit medizinischen Ratschlägen aus der Naturmedizin und galt damals als "Kurpfuscher". Dennoch ließen sich weder er, noch die Entwicklung der Kommune zum Heilbad und die Kneippsche Gesundheitslehre zum immateriellen Kulturerbe aufhalten.
Wörishofen & Wasser
Wie die "Sünde" nach Wörishofen kam
Seine ersten Wasseranwendungen verabreichte er im kleinen Badehäuschen im Klostergarten, ab und an auch in der Waschküche des Pfarrhofes. Oft sind es die Ärmsten der Armen, die sich keinen Arztbesuch leisten konnten. 1860 und 1866 musste er sich gar vor Gericht wegen Kurpfuschens verantworten, wurde aber freigesprochen, da er nur Wasseranwendungen und Kräuter empfahl.
Neben dem Vorwurf des Kurpfuschens galt das Dorf plötzlich als "sündiges Dorf", da Kneipp auch den Damen empfahl, zum Wassertreten in den Bächen und Teichen die Röcke übers Knie zu ziehen.
Aus dem Beichtvater wird ab 1881 mit fast 60 Jahren zusätzlich der Ortspfarrer in St. Justina. Die eigentliche Kur setzte 1884 ein. Abt Marus Wolter besuchte ihn und empfahl ihm sein Wissen zu veröffentlichen. Sein Buch "Meine Wasserkur" entwickelte sich zu einem weltweiten Bestseller.
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Der Papst und die Kur
1894 Audienz bei Papst Leo XIII. in Rom
1888 trafen immer mehr Ärzte in Wörishofen ein, um sich selbst ein Bild von der Wasserkur zu machen. Später gründeten sie gemeinsam mit Kneipp einen Kneipp-Ärztebund.
Auf Druck des Bischofs in Augsburg baut Kneipp ein Kurhaus, das Sebastianeum. Im Jahr zuvor erschien sein zweites Buch "So sollt ihr leben". 1890 folgte die erste Gründung eines Kneipp-Vereins. Ab 1891 erscheinen weitere Bücher von Kneipp.
Im Jahr darauf spricht er vor jeweils 3.000 Menschen in WIen und Graz, später kamen europaweite Reisen hinzu. Der Habsburger Erzherzog Joseph rief nach ihm und auch ihn konnte er von seinem Ischiasleiden heilen. 1893 ernannte der Papst Kneipp zum päpstlichen Geheimkämmerer, verbunden mit dem Titel Monsignore. 1894 trafen sich die beiden in Rom mehrfach zu Privataudienzen. Hierbei war es Kneipp wichtig, dass sein Wirken nach jahrelange Querelen, auch mit der katholischen Kirche zuhause, nun gewürdigt wurde. Der Papst bestärkte Sebastian Kneipp darin, weiterhin zum Wohle der Kranken tätig zu sein.